Rücken an Rücken
Wenn man was von Kindern lernen kann, dann sicher auch von meinem Neffen Eliah. Als Zweijährigem ist es ihm noch völlig Wurscht, ob jemand eine Rolex hat oder nützlich ist für seine Karriere als Eventmanager. Lustige Worte erfinden und Meerungeheuer malen macht viel mehr Spaß. Und die einzigen Autos, die was zählen, sind das rote Bobby-Car und Papas Kombi, weil der so zuverlässig in den Tierpark fährt. Es werden bestimmt Zeiten kommen, wo von bedingungsloser Liebe nicht allzu viel zu spüren ist. Aber momentan ist für Eliah die Welt auch mit Speckbauch und ohne Playstation noch ganz in Ordnung. Mich beschleicht die Idee, dass Gott eventuell weniger einem Erwachsenen (einem Vater?) ähnelt, als vielmehr einem zweijährigen Kind. Immerhin ist er ja auch als Kind auf die Welt gekommen. Genießt den Moment mit mir – einfach, weil ich jetzt da bin. Lässt mich tatsächlich in sein Leben, so wie ich bin und ohne den prüfenden Blick, dem man sonst so ausgesetzt ist. Lächelt mich an, vertraut mir, macht die verrücktesten Sachen und schämt sich nicht dafür. Ich glaube, das ist es, was für mich daheimsein bedeutet: Mich nicht verstellen müssen. Der sein, der ich nun mal bin. Kann sein, dass Jesus das gewinnende Lächeln meines Neffen im Gesicht hat und den unverstellten Kinderblick, der mich an daheimsein erinnert, wenn er sagt: „Kommt zu mir, die ihr schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.“ Ich jedenfalls komme gern – ungeschminkt und echt. Keine Rolle, keine Maske vorm Gesicht und kein Blatt vorm Mund. Einfach ich. Und einen Augenblick lang spüre ich es: bedingungslos geliebt. Mit meinen Wissenslücken, meinen Gewissensbissen, mit meiner Phobie vor Überraschungen, die meinen Rucksack mindestens fünf Kilo schwerer und mein Leben fünfmal fantasieloser macht, mit meinem Übermut und mit meiner Glatze und ohne Sixpack. Ich darf sein und brauch nichts zu beweisen. Nicht mal mich selbst. Ich muss mir nichts vormachen und Jesus schon gar nicht. Der durchschaut mich meistens eh ziemlich schnell. Wir sitzen Auge in Auge oder Rücken an Rücken und genießen die Stille…
Segen
Es segne dich,
die Menschen, die du im Herzen trägst
und die Wege, die du gehst
Gott, der sich gerne zu dir setzt:
der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.